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Ergonomische Probleme und Lösungsansätze bei Schmerzen und Überbelastung des Daumens der rechten Hand am Beispiel der Klarinette - 'Daumentragestereotyp'

Problemanalyse:

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Beide Formen der Überbeweglichkeit verstärken die Probleme in Bezug einer kollabierenden Hand, sowohl links, v.a. aber rechts, da auf dem rechten Daumen das Gewicht der Klarinette aufliegt.

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Die Klarinette liegt bei herkömmlichen Daumenstützen mit ihrem gesamten Gewicht auf dem vorderen Glied (Phalanx distalis digitus I) des rechten Daumens auf. Die palmaren Muskeln des Daumens (Handinnenseite) müssen daher die ganze Tragearbeit leisten. Nicht selten liegt die Stütze auch mit auf dem oberen Daumengelenk.

Ein angespannter Daumenballen hat eine Tonuserhöhung im Kleinfingerballen und damit im 4. und 5. Finger zur Folge. → Die Hand wird eng. Des Weiteren ermüdet der Daumen zusätzlich aufgrund der großen Hebelwirkung und „rutscht“ nach und nach in den Handteller. Ein offenes Handgefühl beizubehalten ist nicht möglich. Die Folge:

  • Bewegungen werden immer grobmotorischer

  • Schmerzen vom Handgelenk bis in den Schulter-und Rückenbereich aufgrund kompensatorischer Haltearbeit der grobmotorischen Arm- und Schulter-muskeln

  • Mühe, mit dem 4. Finger auf das Tonloch und mit dem 5. Finger an die Klappen zu kommen

  • Weiteres Üben bringt keine Verbesserung. Man 'übt sich fest', die Schmerzen verstärken sich

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Hier die rechte Hand unter Beibehaltung der Fingerstellung, welche ihr durch eine herkömmlicher Stütze aufgezwungen wurde. Deutlich zu sehen: angespannter Daumenballen, überstreckter 5. Finger mit angespanntem Kleinfingerballen. Ebenfalls deutlich zu sehen: die durch den kollabierten Daumen entstandene Falte am Daumenballen. Die Folge: Das Handgelenk ist verspannt und fühlt sich eng an. Auch hier können Überlastungssyndrome mit Schmerzen bis hin zu Sehnenscheidenentzündung und Karpaltunnelsyndrom auftreten.

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Hand mit überstrecktem kleinem Finger und verspanntem Handgelenk als Folge einer kollabierten Hand mit herkömmlicher Stütze. Dadurch steht die Hand schräg zur Klarinette.

 

Verschärft werden kann dieses Problem zusätzlich noch durch die bereits erwähnten Überbeweglichkeiten in den Daumengelenken.

Die Wahrscheinlichkeit der Ausbildung von ungünstigen Haltungs- und Bewegungsstereotype ist hoch.

Folgen können Arthrose durch Überbelastung in den Daumengelenken sein sowie neurologische Störungen bis hin zur Fokalen Dystonie.

Lösungsansatz: Ergonomisch optimierte Daumenstütze

Hand mit einer ergonomisch angepassten Daumenstütze.

Das Handgelenk und die Finger sind frei beweglich, der Handteller hat Raum.

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Rechte Hand mit ergonomisch angepasster Daumenstütze:

Die Stütze liegt auf dem 2. Daumenglied. Der Hebelarm ist günstig.

 

Offene Innenhand: Der Daumenballen kommt aus der Hand heraus. Das vordere Daumengelenk ist frei beweglich, so dass der Daumen die Tief e/f- Verbesserung ('E-Mechanik') bedienen kann.

In diesem Fall wurde der Hebel der E-Mechanik umgeschmiedet und der individuell günstigen Daumenposition angepasst.

Zusätzlich wurde der Querschnitt und damit der Abstand zwischen Daumen und der Finger durch Ankleben einer Korkunterlage vergrößert und dem individuellen Spiel- und Handgefühl angepasst.

Übungen mithilfe eines Gummis zur Stabilisierung der Extensoren und Abduktoren des Daumens

Wie oben schon erwähnt, dienen die Gummiübungen dazu, die Daumenmuskeln, die für eine Öffnung der Hand sorgen, zu stärken.

Ein Gummi, welches anfangs nicht zu schwer sein sollte, wird um das 2. Daumenglied (zu Beginn an der Basis des Phalanx proximalis) und das 3. Fingerglied des 5. Fingers gelegt (Basis des Phalanx proximalis) und auseinanderbewegt. "Eine Blüte öffnet sich". Das vordere Daumenglied kann dabei bewegt werden. Ein paar Sekunden halten, dann wieder lösen. Überstreckung in den Fingergrundgelenken vermeiden. Anfangs die Übung mit einem leichten Gummi beginnen. 5-6 Mal für ca. 10 sek halten, dann wieder lösen. Wichtig dabei: das Handgelenk steht in einer Neutralstellung und ist zu keiner Seite hin abgewinklelt. Die Kleinfingerseite 'ist lang'.

 

Die Übung als Extension und als Abduktion des Daumens ausführen.

 

1. Extension des Daumens

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Bei der Extension des Daumens wird der Daumen seitlich nach außen von der Hand wegbewegt.

 

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2. Abduktion des Daumens

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Bei der Abduktion wird der Daumen nach unten von der Hand aktiv wegbewegt. Beachten, dass der Daumen bei der Abduktion eine Rotationsbewegung (Zirkumduktion) im Sattelgelenk ausführt, um so einer Überstreckung und Spannung im Sattelgelenk vorzubeugen. Dabei kann die Vorstellung helfen, mit dem Nagel des Daumens die Innenseite eines Glases oder des Klarinettenbechers entlangzufahren.

Für das Anpassen der Daumensütze sowie die damit verbundene Reedukation der Feinmotorik, bzw. das Auflösen der Haltungs- und Bewegungsstereotype empfiehlt sich das Aufsuchen eines Dispokineters.

Die Gummiübungen sind nur ein Beispiel aus einem ganzen Kompendium von Möglichkeiten, die ganz individuell in Einzelsitzungen besprochen, ausprobiert und angewandt werden können.

Ziel ist eine Verbesserung der bestehenden Symptomatik und das (Wieder-) Erlangen einer befreiten Feinmotiorik, die sich in einem  freieren und befriedigenderem Musizier- und Ausdrucksvermögen widerspiegelt.

Außer Klarinettisten sind alle Instrumentengruppen, bei denen das Instrument mit dem Daumen getragen werden muss, mit derselben, bzw. ähnlichen Problemstellungen konfrontiert (z.B. Oboe, Querflöte, Saxophon...).

Darüberhinaus stellt sich aber nicht nur für oben genannte Bläser, sondern für alle Instrumentengruppen die Frage, wie der Daumen feinmotorisch benutzt werden kann, ohne fest zu werden. Auch hierfür bietet die Dispokinesis geeignete Lösungsansätze an.

Sehr gerne stehe ich Ihnen für Ihre Fragen mit meiner Erfahrung zur Verfügung.

Aktuell kann über den Instumentenbauer Martin Foag (Kontakt siehe unter Links) die unten gezeigte Daumenstütze erworben werden.

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